The East in Me
- eine Prozessförderung
Projektanlass
Die Erinnerungskultur für Ostdeutschland ist an einem Wendepunkt angelangt.
30 Jahre nach Mauerfall, Wiedervereinigung, Rostock-Lichtenhagen ist eine neue Generation herangewachsen, die die DDR nicht mehr als „untergegangene Diktatur“ oder „vergangene Utopie“ erinnern will.
Diese Generation fühlt „den Osten“ anders: im Präsens und als eine Quelle für alternative Lebensentwürfe.
Statt Ostalgie oder DDR-Bashing geht es dieser Generation darum, den Osten und die Reste der DDR in der Gegenwart neu zu artikulieren: als Teil der eigenen Identität.
Das Faszinierende: diese Generation erinnert die DDR, ohne sie erlebt zu haben.
Für sie ist der Osten nicht Historie, die man aufarbeiten oder für die man sich rechtfertigen muss, sondern phantomschmerzende „Heimat“, verschüttete Eigengeschichte und Ressource vielfältiger Zukunftskonstruktionen.
Mit „The East in Me“ wollen wir an diesen neuen Erinnerungsdiskurs anknüpfen.
Während in den bildenden Künsten zunehmend Künstler:innen mit Ostbiographie sichtbar werden, wollen wir diesen neuen „Gefühlsraum Ost“ im Theater bearbeiten und zeitgenössische theatrale Formate für ihn entwickeln.
Für die Realisierung unseres Projekts brauchen wir keinen Jahrestag, keine offiziellen Feierlichkeiten, keinen runden Geburtstag.
Wir brauchen Orte – Probebühnen mit Labor- und Werkstattatmosphäre.
Das Projekt wird vom Fonds Darstellende Künste gefördert.
Projekvorgehen
Zu „The East in ME“ laden wir Akteur:innen verschiedenster Gewerke ein, sich mit ihrem persönlichen Osten auseinanderzusetzen.
In einem ersten Arbeitsschritt werden die Teilnehmenden ihre Erfahrungen, Stoffe und Formate unter performativ/theatralen Gesichtspunkten erarbeiten.
Für diesen ersten Arbeitsprozess stellen wir als Kurator:innen die logistisch-technischen Rahmenbedingungen.
In einem zweiten Schritt wagen wir ein formales Experiment: Wir werden die erarbeiteten Beiträge miteinander verschalten, in einer Methode, die wir „Parallel-“ bzw. „Meme-Theater“ nennen und an der wir seit einiger Zeit forschen.
Diese Methode zielt – wie in der digitalen Meme-Produktion – darauf ab, die Gleichzeitigkeit disparater Inhalte und Positionen im Theaterraum zu operationalisieren.
Unvereinbares und Widersprüchliches (z.b. zwei Theaterstücke) treffen in produktiven Clashs und Mash-ups aufeinander. Daraus entstehende Harmonien oder Dissonanzen werden mit den Mitteln des Theaters gerahmt und verstärkt.
Mit „The East in Me“ suchen wir ergebnisoffen und prozessorientiert nach neuen theatralen Orientierungspunkten, nach neuen Theaterformen für einen neu gefühlten Osten.
Projektrelevanz
„The East in Me“ ist sowohl eine Antwort auf die neue Erinnerungskultur zum Osten als auch auf die veränderten digitalen Sehgewohnheiten durch z.B. Meme-Produktion.
Unser Projekt will sich der Hyperkomplexität, der Informationsflut, der synchronen Differenz an Ost-Erfahrungen formal annähern und theatrale Memes für diverse Ostgefühle abbilden.
Gegenwärtig ist der Konsens über den Osten ausgelaufen: migrantische Geschichte der DDR, ökonomisch-politische Übernahmenarrative, Diskurse über Rechtsradikalismus und Basisdemokratie haben die leere Formel der „Wiedervereinigung“ ersetzt.
Auch formal ist „The East in Me“ sehr aktuell:
Unsere Methode des „Parallel-“ bzw. „Meme-Theaters“ antwortet auf veränderte Sehgewohnheiten im digitalen Zeitalter.
Wo Öffentlichkeiten ständig neue und disparate Szenarien verhandeln müssen, kann das Theater nicht mehr länger auf einem Stoff, einem Text, einem Inszenierungskonzept bestehen.
In einer Zeit, in der Theatermacher:innen versuchen, das Theater in den digitalen Raum zu holen (z.B. Zoomtheater), arbeiten wir mit unserer Methode des „Meme-Theaters“ umgekehrt.
Wir versuchen, digitale Techniken in die analoge Theaterpraxis zu übertragen und auf der Folie „Ost“ auszugestalten.